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Service in Tunesien

Arbeitsmoral - Servicequalität - Trinkgelder



Service in Tunesien

Die Arbeitsmoral in Tunesien ist mit der z.B. in Deutschland in keiner Weise vergleichbar.

So ist es beispielsweise in Tunesien absolut an der Tagesordnung, daß sich eine Bankangestellte trotz Warteschlange vor ihrem Schalter mit einer Kollegin privat unterhält, daß ein Servicemitarbeiter ein Beratungsgespräch unterbricht, sobald er einen Privatanruf erhält, oder daß ein Behördenmitarbeiter während der Öffnungszeit seines Büros einkaufen geht oder beim Friseur sitzt.

Frauen in Tunesien kommen während ihrer Periode oft gar nicht zur Arbeit und auf Baustellen kann man jederzeit 10 Arbeiter finden, die 5 anderen durch ihr Zuschauen bei der Arbeit helfen.

Im Fastenmonat Ramadan in Tunesien fallen regelmäßig die Arbeitskräfte dadurch aus, daß sie einfach zu Hause bleiben.

Vielfach hat man in Tunesien auch den Eindruck, daß man selbst, aber auch andere, völlig willkürlich behandelt wird und für jede Art von Dienstleistung, zunächst einmal ein gewisses Maß an Freundschaft oder Zahlungsfähigkeit über den regulären Preis der Leistung hinaus ("Bakshish") erforderlich ist, bevor sie erwartungsgemäß erbracht wird - und dieser Eindruck täuscht oft auch nicht.

In Restaurants und Cafes in Tunesien wird oft ein frappierendes Desinteresse am Gast zum Ausdruck gegeben - Kellner kommen erst nach langer Zeit zum Tisch, um eine Bestellung aufzunehmen, schauen demonstrativ weg, wenn man versucht, sie durch ein Handzeichen auf sich aufmerksam zu machen und zeigen ein generelles Desinteresse an Beratung oder der Bereitschaft, von einem Gast zusätzliche Bestellungen aufzunehmen.
 
Gastronomische Dienstleistungen auf einem hohem Niveau sind in Tunesien insofern nur ausnahmsweise zu finden und keineswegs davon abhängig, wie hoch die Preise oder wie gepflegt und ansprechend das Restaurant gestaltet ist - positive wie negative Erfahrungen kann man sowohl in einem tunesischen Fünf-Sterne-Hotel oder einem hochpreisigen Restaurant, wie auch in unscheinbaren Straßencafes und Hinterhof-Kaschemmen machen.

Auch andere in Tunesien im Tourismus beschäftigten Personen reißen sich nur dann ein Bein aus, wenn der zu erwartende Profit dies rechtfertigt – auf Urlauber, die „nur gucken“ wollen oder erhöhte Preise durchweg ablehnen, wird nicht selten mit abwertenden Gesten und Bemerkungen (auf arabisch, so daß der Tourist es nicht versteht), Ignoranz, Unfreundlichkeit und Unaufmerksamkeit demonstrierend, reagiert.

In vielen Fällen wird die mangelnde Arbeitsbereitschaft oder Arbeitsqualität damit begründet, daß nur der Mindestlohn verdient wird – allerdings verdient ja die Mehrheit der Tunesier nur den Mindestlohn und die Gesellschaft basiert in weiten Teilen auch auf den Funktionen dieser Finanzordnung.

Tatsächlich aber wird der Wert der eigenen Arbeitsleistung im Hinblick auf Qualität und Effektivität vom Betreffenden in Tunesien fast durchweg überschätzt und bei Gehaltserwartungen stets die maximal erreichbare Gehaltsstufe als Meßlatte verwendet - zwar verständlich, wenn man ständig von Personen umgeben ist, die für den zweiwöchigen Urlaub so viel gezahlt haben, wie ein tunesischer Kellner oder Verkäufer im Jahr verdient, doch ein absolutes K.O.-Kriterium für den Fremdenverkehr.
 
Nicht ohne Grund beklagen sich viele Touristen speziell über den mangelhaften Service in Tunesien. Zwar gab und gibt es viele "Maßnahmen" der Tourismusbehörde, die Servicequalität in Tunesien zu verbessern, doch sie geht dabei von der meist falschen Annahme aus, daß mangelnder Service ein Ergebnis mangelnder Ausbildung sei (was sie in diesem Fall nicht ist, sondern von Ignoranz und Profitdenken von Angestellten und Firmeninhabern) - und so hat sich erwartungsgemäß in den letzten Jahren in Tunesien diesbezüglich auch nicht viel zum Positiven hin verändert.

Im Verlauf von Auftragsarbeiten wird in Tunesien gerne auch mit dem Hinweis auf unerwarteten zusätzlichen Zeitaufwand oder Materialeinsatz der Preis zu erhöhen versucht, ganz zu schweigen von den vielfach anzutreffenden speziellen „Freundschaftspreisen“ für Nicht-Tunesier, deren Freundschaft vorwiegend darin besteht, höher zu liegen, als die für Einheimische.
 
Generell trifft es in Tunesien wohl zu, daß, um einen Auftrag zu erhalten, mit (absichtlich) unrealistischen Parametern kalkuliert wird. Unter dem Strich steht, daß eine vermeintlich "preiswerte" Arbeitsleistung sehr schnell zu einer teuren werden kann, wenn man die scheibchenweisen zusätzlichen Preisforderungen und zusätzlichen Zeiten für Nachbesserungen, die meist notwendig sind, zuammenrechnet.

Das Erbringen von Arbeitsleistungen in Tunesien (Beschäftigter, Handwerker, etc.), muß, so hart es klingt, vom Auftraggeber deshalb ständig beaufsichtigt bzw. regelmäßig kontrolliert werden.
Für Reparaturen und Auftragsarbeiten sollte im Vornherein klar festgelegt werden, daß eine Entlohnung nur bei dem erwünschten Ergebnis (und Erledigung in der dafür veranschlagten Zeit) stattfinden und eine Erhöhung des vereinbarten Preises nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen überhaupt in Erwägung gezogen werden wird.
   

Übrigens ...

In Tunesien muß es in jedem Hotel ein öffentlich zugängliches Gästebuch geben, das regelmäßig vom Hotelmanager abgezeichnet, kommentiert und von den Tourismusbehörden gelesen wird!

Das Nichtvorhalten des Buches oder das Fehlen von numerierten Seiten in ihm sind Gesetzesverstöße, die man jederzeit beim Tourismusamt ("Tourist Office") melden kann.
Die Rezeption gibt das Buch auf Verlangen zum Lesen/Schreiben heraus, wenn es nicht sogar stets auf dem Tresen (am entfernten Ende...) liegt.

In diesem Buch kann alles eingetragen werden, was einem Gast gefallen oder mißfallen hat, dazu zählt auch der Service vom oder Belästigungen durch das Personal, aber auch Lob und Tadel zu Zimmer und Hoteleinrichtungen.

Ein Gast in einem Hotel in Tunesien kann daher sehr viel über dieses Hotel erfahren, wenn er das Gästebuch bereits zum Beginn seines Urlaubs durchliest.


Trinkgeld in Tunesien

Trinkgelder werden in Tunesien erwartet, sogar für kleinste und auch für nicht erwünschte Dienstleistungen (die man dann auf keinen Fall bezahlen sollte!).

In Restaurants, Taxis, bei Friseuren, etc. gibt man unaufgefordert etwa 10% des Rechnungsbetrages demjenigen, der die Leistung erbracht hat.

Bei Zimmermädchen und anderen Dienstleistern gibt es dagegen keinen Anhaltspunkt, auch in Reiseführern werden kaum Empfehlungen ausgesprochen.
Die beste Annäherung ist es, sich zu vergegenwärtigen, daß derzeit der durchschnittliche Mindest-Stundenlohn in Tunesien bei 1 Dinar 500 Millimes liegt (etwa 0,70 Euro).
Ein Trinkgeld in Höhe von 1 Dinar entspricht also bereits der Entlohnung für 40 Minuten Arbeit.

Leider orientieren sich die meisten Touristen an dem Betrag, den sie in ihrem Heimatland geben würden (oder wollen sich aufspielen) und entlohnen z.B. einen Hotel-Kofferträger oder Ober für eine vergleichsweise geringe Dienstleistung mit einem mehrfachen ortsüblichen Stundenlohn, was zur Folge hat, daß Urlauber mittlerweile in vielen Fällen mit unangemessenen Trinkgeldforderungen konfrontiert werden – so kann z.B. ein Barmann schon einmal ärgerlich werden, wenn er für das bloße Hinstellen eines Getränkes anstatt der angemessenen 5-10% des Rechnungsbetrages nicht 50% und mehr erhält.

Deshalb – wenn man sich am oben genannten Mindesteinkommen orientiert (das die Mehrzahl der Tunesier in einfachen manuellen Tätigkeiten als Entlohnung erhält), findet man auch für „rechnungslose“ Dienstleistungen die richtige Trinkgeldhöhe, und die sollte man wirklich nur in Ausnahmefällen überschreiten; die Urlauber, die nachkommen, werden es einem danken!

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