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Religion in Tunesien, Einfluß auf Politik und Gesellschaft, Salafisten in Tunesien


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Die vorherrschende Religion in Tunesien ist mit etwa 99% der Islam, zumeist in der sunnitisch-malikischen Ausprägung.

Zunächst einmal erstreckt sich der Islam von seinem Wesen her nicht alleine auf den religiösen Bereich, sondern ist gleichfalls eine Ideologie, die sich auf öffentliche Bereiche bezieht.
Tunesien ist allerdings, und dies ist in er Verfassung festgelegt, kein "islamischer Staat", sondern nur ein "Staat islamischer Prägung", was heißt, daß die Teile des Islams, die über den engeren religiösen Bereich herausgehen, nur rudimentär in Erscheinung treten und zum Teil absichtlich nicht gewollt sind.

So ist z.B. die Scharia, das islamische Rechtssystem in Tunesien nicht gültig - offiziell zumindest.
Im Detail aber orientiert sich die Rechtssprechung im Zweifelsfall doch durchaus an Scharia-Regelungen, und dies wurde z.B. in der Vergangenheit durch einen Erlaß des Justizministers, sowie heute durch Äußerungen des derzeitigen Anführers der regierungstragenden islamischen Partei, En-Nahda, gerechtfertigt.

Zwar gibt es z.B. keine Steinigungen oder öffentliches Auspeitschen in Tunesien, aber es kann durchaus passieren, daß in einem Erbstreit eine tunesische Person, die eine/n "Ungläubige/n" geheiratet hat, gegenüber anderen Familienmitgliedern den kürzeren zieht.

Zudem legt auch bereits die Verfassung von Tunesien fest, daß der Staat islamisch geprägt ist - und insofern in vielerlei Hinsicht zwar demokratischen Anforderungen mehr oder weniger genügt, aber doch spezielle Anforderungen stellen kann.

Zum Beispiel ist in Tunesien nach islamischer Regelung die Ehe zwischen einer tunesischen Person und einer nicht-islamischen Person zwar erlaubt, doch in der Realität findet sich kein Notar, der eine Heirat zwischen einer muslimischen Frau und einem nicht-muslimischen Mann durchführt (umgekehrt dagegen gibt es kein Problem).

Zwar ist die Frau in Tunesien dem Manne nach den Buchstaben des Gesetzes gleichgestellt, doch im Erbfall ist ihr Erbteil gemäß islamischer Vorgabe geringer als die eines männlichen Familienmitgliedes.

Weder können Nicht-Muslime von Muslimen erben, noch ist dies umgekehrt möglich.

So kann z.B. ein Kind aus einer Ehe zwischen einem muslimischen Mann und einer nicht-muslimischen Frau nicht von der Mutter erben (weil Kinder eines muslimischen Vaters automatisch als Muslime gelten).

Ein besonderes Problem stellen Kinder aus binationalen Ehen in Tunesien dar, wenn der Vater ein Tunesier ist, denn in Tunesien selbst hat der Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht über seinen Nachwuchs.
Und das heißt, daß sein Kind das Land nicht ohne die ausdrückliche Erlaubnis des tunesischen Vaters verlassen darf.

Dies kann dazu führen, daß eine Mutter ihr Kind in Tunesien zurücklassen muß oder dazu, daß ein Vater sein Kind nach Tunesien "entführt" - und sich in beiden Fällen nach tunesischem Recht völlig korrekt verhält.
Diese Problematik wird in dem Artikel über binationale Beziehungen in Tunesien dargestellt.

Im Großen und Ganzen jedoch hat der Islam eher moderate Auswirkungen auf das tägliche Leben. Diese Auswirkungen beziehen sich zumeist auf das Tragen gedeckter Kleidung (speziell bei den älteren Menschen) und der Nahrungsauswahl.
"Extreme" Gläubige wurden in Tunesien bis zum Aufstand Ende des Jahres 2010 staatlicherseits nicht geduldet, sondern beobachtet und gegebenfalls in Haft genommen.
Personen, die häufig in Moscheen gesehen wurden, wurden des öfteren von der Polizei befragt.

Frauen war das Tragen des islamischen Hijab "Khimar" (im Gegensatz zum traditionellen tunesischen Kopftuch, "Safsari") oder gar eines Vollschleiers (Niqab) in öffentlichen Bereichen (Universität, etc.) verboten, ebenso wie dem Mann das Tragen des "islamischen" Vollbartes.

Begründet wurden diese Verbote damit, daß sie ein "untunesisches" Verhalten darstellten und somit staatsfeindlich seien, genauer, daß der Hijab ein Zeichen der Mitgliedschaft in einer fundamentalistischen Gruppe sei, die sich hinter der "Religion" versteckt, um politische Ziele zu erreichen.

Der Hijab ist, der früheren tunesischen Regierung zufolge, ein sektiererisches Kleidungsstück ausländischen Ursprungs und sein Tragen werde im Koran nicht vorgeschrieben.
Die Unabhängigkeit öffentlicher Angestellter sei zudem mit dem Tragen dieser Kleidung nicht vereinbar.

Die Verbote werden zwar nicht strikt und generell, doch mit großer Beharrlichkeit durchgesetzt, so daß es de facto in Tunesien Ende 2010 keine islam-fundamentalistischen Gruppen gab, die in irgendeiner Weise öffentlich in Erscheinung traten, sondern sie wichen eher ins "Exil" nach Europa oder ins Nachbarland Algerien aus.

Seit dem Umsturz Anfang 2011 hat sich dies jedoch geändert und es zeichnen sich nun verstärkt religiöse Tendenzen in der von islamischen Parteien dominierten Politik und Gesellschaft ab.

Bis 2010 gab es nur wenige Frauen, die strenge, angeblich islamische, Kleidungsvorschriften befolgen und beispielsweise einen Gesichtsschleier tragen, doch in den letzten Jahren  ist eine ständige Steigerung ihrer Anzahl festzustellen.
Bei den Männern werden zunehmend  Vollbärte und Umhänge "afghanischer Art" getragen.

Verantwortlich hierfür sind konservative islamische Strömungen, die dem "Salafismus" oder den "Moslembrüdern" angehören. Auf der Straße konfrontiert wird man jedoch meist nicht mit den Salafisten im engeren Sinne (die zwar eine Hinwendung zum Islam, jedoch ohne Gewalt oder politische Einflußnahme wollen) sondern von einer Salafisten-Gruppierung, die oftmals auch als "Jihadisten" bezeichnet wird, oder, im tunesischen Alltag, nach ihrem Erscheinungsbild auch als "Bärtige" bezeichnet wird.
Diese Gruppe ist es, die meist in den Medienberichten auftaucht und u.a. für Angriffe auf Personen (
z.B. wegen "falscher" Kleidung oder dem Trinken oder Verkaufen von Alkohol) verantwortlich ist und die politischen Einfluß, notfalls auch durch gewalttätige und bewaffnete Handlungen, sucht.
Dem in so gut wie jedem Gespräch fallenden Begriff "wu allah" (und Allah / bei Allah) sollte man als Schwur übrigens keine große Bedeutung beimessen, er wird nämlich praktisch zumeist so gebraucht wie bei uns der Satz: "Ich sage es Dir" oder "bestimmt/ehrlich/echt".

Der ebenfalls häufig fallende Begriff "insch allah" (so Gott will) wird praktisch so benutzt wie bei uns "vielleicht" oder "wir werden es sehen" und darf insbesondere alleine keinesfalls als Zustimmung verstanden werden.

Auf den ersten Blick für "typisch islamisch" gehaltene Verhaltensweisen stellen sich bei näherer Betrachtung meist als die Befolgung traditioneller oder gesellschaftlich befürworteter Regelungen und Meinungen dar, was insbesondere die Stellung von Mann und Frau in der Gesellschaft in Tunesien betrifft.

Dies ist übrigens auch meist der Grund für bestimmte, befremdliche, Verhaltensweisen islamischer Personen in Deutschland, nur wird dies eben da nicht gesellschaftlich geschützt, so daß man sich stattdessen auf die "religiöse Freiheit" beruft und damit oftmals nicht nur die Staatsorgane gehörig hinters Licht führt.

Der Islam in religiöser Hinsicht durchzieht die gesamte Bevölkerung Tunesiens - was bei einem Anteil von fast 99% Muslims kein Wunder ist. Dennoch trifft man (noch) fast durchweg auf eine praktische, lebensnahe Auslegung und Ausübung des Glaubens, was sich auch in verschiedensten öffentlichen Handlungen der Menschen ausdrückt.

Nicht nur in den Touristenzentren, sondern auch in größeren Ansiedlungen und bei Familienfeiern sieht man rauchende und alkoholtrinkende Menschen, oder Frauen, die Kleidung in Tunesien mit beachtlichen Ausschnitten und oft körpernah tragen und die stark geschminkt sind.
Seit 2011 verringert sich jedoch die Anzahl der Personen, die sich so verhält, merklich.

Ein guter, doch nicht der überwiegende, Teil der Bevölkerung besucht die in jedem Stadtteil anzutreffenden Moscheen und der Gebetsruf ist fünfmal am Tag überall zu hören.

Man wird als Besucher in Tunesien normalerweise kaum auf religiös induzierte Probleme stoßen, sondern, im Zweifelsfall, eher mit den lokalen Traditionen in Konfrontation geraten.
Noch einmal: vieles von dem, auf das man trifft, ist nicht "typisch islamisch" sondern allenfalls "typisch tunesisch" (oder "nordafrikanisch") .

Ob dies alles in Anbetracht der Änderungen in Politik und Gesellschaft auch mittel- und langfristig so bleiben wird, muß allerdings abgewartet werden.

Der Zutritt zu Moscheen ist übrigens "Ungläubigen" nicht gestattet - kann aber für bestimmte Teile des Komplexes ausdrücklich erlaubt werden.

Nur-islamische Ehen (Orfi/Urfi, Misyaar und Mutah) sind in Tunesien illegal!

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